Interview mit Tara Rödel – babys10 Erste-Hilfe-Expertin in Berlin



Wie schätzt du das Wissen werdender Eltern in Berlin in Bezug auf Erste Hilfe für ihr Baby ein? In welchen Bereichen siehst du Nachholbedarf?

Bei den meisten (werdenden) Eltern liegt der letzte Erste-Hilfe-Kurs schon sehr weit zurück. Oftmals war es der Kurs für die Führerschein-Prüfung und in diesen Kursen liegen die Schwerpunkte bei ganz anderen Unfallsituationen. Jedoch werden speziell für Erste-Hilfe-Kurse für Kinder ganz andere Schwerpunkte gesetzt: “Wo stelle ich mein Warndreieck bei Kindern auf?” Am besten überall, aber wie geht es dann weiter…?!

Bei einem Unfall beim eigenen Kind herrscht dann natürlich nochmal viel mehr Sorge und eventuell auch Panik. Aus Unwissenheit und aus der Angst heraus, etwas Falsches zu tun, wird dann oft gar nichts unternommen, was manchmal dann das Verkehrteste sein kann! Es gibt also bei fast allen Eltern großen Nachholbedarf in der Einschätzung von Alltags- und Unfallsituationen und entsprechend auch in der Handlungssicherheit.

Ein weiteres Problem liegt auch darin, dass es manchmal auch länger dauern kann, bis der Rettungsdienst eintrifft. Dann ist es natürlich umso wichtiger, diese „Wartezeit“ durch richtige Maßnahmen zu überbrücken.

 

Welche Verletzungen bzw. Unfälle kommen bei Babys in Berlin am häufigsten vor? Wie sehen die Erste-Hilfe-Maßnahmen in diesen Fällen aus?

Am häufigsten kommt es zu Sturzverletzungen, aufgeschlagenen Knien und blauen Flecken.

Schon bei sehr kleinen Babys gibt es gefährliche Stürze vom Wickeltisch. Obwohl sich jede Mama und jeder Papa vornimmt, gut aufzupassen, kann es doch immer wieder zu diesen Unfällen kommen. Auch andere Gegenstände, auf denen Kinder gerne herumklettern – wie Regale, Hochbetten oder Kinderwagen – können ein Unfallrisiko bergen. Mit zunehmender Mobilität der Kinder können die Klettermanöver auch immer etwas waghalsiger werden und die Sturzhöhe ist damit entsprechend höher.

Bei allen Stürzen aus größerer Höhe sollte ein Baby unbedingt ärztlich vorgestellt werden. Je nach Sturzereignis und Alter des Kindes wird es dann evtl. für 24-48 Stunden zur Beobachtung in der Klinik bleiben. Das Tückische hierbei ist, dass bei Kindern gewisse Symptome auch sehr verzögert, z.B. erst nach einigen Stunden, auftreten können. Treten Bewusstlosigkeit, Schläfrigkeit, Übelkeit oder Kopfschmerzen auf, dann sollte ein Kind sofort ärztlich untersucht werden.

Sehr häufig kommen auch Verbrennungen und Verbrühungen vor. Hier ist zunächst die Prävention sehr wichtig und es muss das Bewusstsein bei den Eltern geschaffen werden, dass heiße Töpfe, Pfannen und heißes Wasser eine besonders große Gefahr für Babys und Kinder darstellen.

Gefährdet sind vor allem Kleinkinder, die an herabhängenden Tischdecken und Kabeln ziehen und sich dadurch an heißen Flüssigkeiten und Speisen verletzen können. Bei ausgedehnten Verbrennungen 2. Grades (Blasenbildung) sowie bei allen Verbrühungen im Gesichts- und Windelbereich sollte immer der Rettungsdienst gerufen werden.

Hier bitte nicht alleine losfahren, da sich der Gesundheitszustand bei Verbrennungen sehr schnell verschlechtern kann. Erstmaßnahmen sind hier: Die Kleidung entfernen, betroffene Stellen unter fließendem, nur leicht kühlem Wasser halten (5-10 Minuten!) und dann versuchen, den verletzten Bereich möglichst steril zu verbinden (sterile Wundabdeckung).

 

Wie läuft ein Erste-Hilfe-Kurs in Berlin speziell für Babys ab?

Die Kurse „1. Hilfe am Kind“ werden in vielen verschiedenen Familienzentren, Hebammenpraxen und Kliniken angeboten. So ist es meist möglich, in Wohnortnähe und im Lieblingsbezirk einen Kurs zu finden. Viele Kurse werden von mir am Wochenende angeboten, so dass es auch den Vätern möglich ist, am Kurs teilzunehmen. Es kommen aber auch immer mehr Großeltern, die ihr Wissen auffrischen möchten.

Zu meinen Kursen können Babys gerne mitgebracht oder zum Stillen bei Bedarf vorbeigebracht werden, da es für viele Eltern gar nicht anders zu organisieren ist. In den Kursen können die Kleinen jederzeit gefüttert, gestillt und herumgetragen werden. Außerdem gibt es in den meisten Kursräumen große Gymnastikbälle, auf denen man auch gut mit Baby sitzen kann und die Kinder sehr zufrieden sind.

Meine Erste-Hilfe-Kurse für Babys in Berlin dauern ca. 3,5 Stunden und beinhalten Themen wie Bewusstlosigkeit, Wiederbelebung, Atemnotfälle, Verschlucken, Stürze, Verbrennungen, Vergiftungen und Fieber. Und natürlich gibt es immer Raum für Fragen und Themen der Eltern. Wo gibt es Unsicherheitsmomente? Wo gibt es Ängste? Diese Themen werden natürlich mit aufgegriffen und es darf viel gefragt werden!

Außerdem biete ich noch „Crash-Kurse“ am Abend für Schwangere bzw. werdende Eltern an. Diese sind etwas kürzer (2,5 Stunden) und beinhalten vor allem die Unfall-Themen innerhalb der ersten 6 Lebensmonate.

Darüber hinaus erhalten alle Teilnehmer von mir ein Skript, so dass alles noch einmal nachgelesen werden kann. Einige Krankenkassen übernehmen auch einen Teil der Kosten des Kurses. Es lohnt sich also immer bei der jeweiligen Krankenkasse nachzufragen.

 

Mit welcher Aufgabe startest du deinen Erste-Hilfe-Kurs für Säuglinge? Welche Übung ist essentiell für werdende Eltern, um ihrem Kind in einem Notfall Erste Hilfe leisten zu können?

Ich starte immer mit einer Fragerunde, um zu hören, welche Schreckmomente es bei den Teilnehmern schon gab und wo die größte Unsicherheit in Alltagssituationen herrscht.
Die erste Aufgabe besteht also immer darin zu überlegen, worin ich mich unsicher fühle. Gab es beispielsweise schon Momente, in denen ich nicht gewusst hätte, wie ich richtig hätte reagieren sollen?

Geübt wird an einer Übungspuppe (dies ist aber immer freiwillig und kein „Muss“!): Eine wichtige Übung ist dann die Wiederbelebungsmaßnahme am Kind bei einem Kreislaufstillstand. Das Entfernen von Fremdkörpern bei einem Erstickungsanfall ist ebenfalls eine enorm wichtige Übung, die im Notfall Leben retten kann.

Obwohl diese Unfallsituationen zum Glück nicht so häufig eintreten, ist es aber bei genau diesen Situationen umso entscheidender SOFORT zu handeln. Daher ist es wichtig, diese Situationen zu erkennen und einzuschätzen sowie sich dann auch zu trauen, sofort loszulegen!

 

Was gehört in jeden Erste-Hilfe-Koffer, den jede Mama zu Hause haben sollte?

Ich rate immer: Lieber nicht so viel hineinpacken, aber dafür den Überblick behalten! Folgende Dinge gehören definitiv zur Grundausstattung:

Für Zuhause:

  • einen normalen Verbandskasten
  • viele schöne, bunte Pflaster
  • Wunddesinfektionsspray (nicht brennend!)
  • digitales Fieberthermometer
  • kühlendes Gel (für Kinder!)
  • Nasenspray (Kochsalz)
  • abschwellendes Nasenspray
  • Fieberzäpfchen
  • Zeckenzange
  • Pinzette
  • medizinische Kohle

Für unterwegs:

  • ein kleines Verbandset

 

Welches kinderfreundliche Café oder Restaurant in Berlin empfiehlst du jüngeren Müttern mit ihren Babys?

Das kurz&klein in der Nansenstraße 2 in Neukölln ist ein sehr netter Treffpunkt und ich empfehle es gern. Es gibt einen tollen Cafébereich, in dem es an bestimmten Tagen offene Krabbeltreffs und leckeren Kuchen gibt. Im Laden mit dabei ist auch ein Shop mit schöner Bio-Babykleidung und Co. Dort gibt es neben nettem Elternplausch auch eine sehr gute Beratung zu vielen Themen wie beispielsweise Tragehilfen und Stoffwindeln.

Auch sehr nett ist das Familienzentrum Fann, gleich um die Ecke in der Hobrechtstraße. Hier gibt es ein nettes Familiencafé und auch sehr gute Beratungsangebote.

Kontakt:
Tara Rödel
http://www.tararoedel.de
Mail: taraw.roedel@web.de

 

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